Freitag, 10. März 2017

Berlinleben 015

Nonnendefloration

Berlin sei eine sexy Stadt und es könne dir an jeder Ecke passieren, munkeln die Touristen und flanieren aufgegeilt durch die Straßen auf der Suche nach der schnellen Nummer und der wilden Erfahrung.

Klar kannst du, wenn du willst, alles machen, findest irgendeinen Ort für jedes Vergnügen und jede noch so abartige oder gewöhnliche Neigung kann hier irgendwo Befriedigung finden, so sie sich ein wenig darum bemüht.

Was du überall haben kannst, ist langweilig, war nie in den entsprechenden Clubs, habe im August Fengler, das in meinem Kiez als der letzte Schuppen zum Abbschleppen auch schon abgetakelter Damen manchmal gilt, wenn gar nichts mehr geht, nie eine kennengelernt, die einzigen beiden, die sich mal zu mir setzten und mich anquatschten, habe ich um Geduld gebeten, weil ich noch am Dichten und beobachten war und dann kamen bald andere Kerle, die bereitwillig übernahmen. Will sagen, aufreißen, war noch nie mein Ding, wenn ich Frauen kennenlerne, sind es mal Leserinnen oder sie sprechen mich neugierig geworden an, während ich schreibe oder lese, worauf ich verschieden unwillig reagiere.

Während ich noch bei Finya und Tinder aktiv war und mich suchend um Damen bemühte, fand ich das reale angesprochen werden eher störend, die Dates wurden ja wohlgeordnet virtuell vergeben und da konnte doch nicht einfach eine dazwischen kommen, obwohl wir natürlich insgeheim alle davon träumen, so die große Liebe zu treffen.

Eigentlich wird Sex überschätzt, so spannend ist es auch nicht, zwar ist jede Frau irgendwie anders, aber es gibt immer mehr Bücher, die ich ungewissem Sex vorziehe, denn wer weiß schon, ob etwas gut endet, es nicht eine einseitige Bemühung und Enttäuschung nur wird, die mich bloß geil  beschäftigte. Wenn du eine Partnerin hast, mit der du zusammen kommst, die den Sex genießt, hast du alles, was es gibt, mehr wird es nie. Darum ist es gut, in Ruhe zu genießen, wenn es mal passt und ohne Probleme ist, denn wo gibt es das heute noch - aber vermutlich liegt das auch an meinem fortschreitenden Alter und meinem Riecher für schwierige Frauen.

Meine erste und einzige Nonne lernte ich bei IKEA auf dem Parkplatz kennen, als ich gerade zwei neue schwarze Billys ins Auto geladen hatte und sah wie sich die leicht alternativ aussehende junge Dame mit ihren Möbeln quälte. Da war sie schon keine Nonne mehr und ich wäre nie auf die Idee gekommen, bevor sie es mir viel später erzählte.

Es war der 30. April -  der Tag vor der magischen Walpurgisnacht, ich war zumindest an diesen Tagen alleine. Im Jahr 1987 bin ich an diesem Tag zufällig tödlich verunglückt, als ich noch in Süddeutschland lebte, nahe Heidelberg auf dem Weg in die Schule. Wie die gewiefte Leserin nun unschwer kombinieren wird, überlebte ich den Unfall wider Erwarten dann doch. Mehr gibt es dazu gerade nicht zu sagen, auch wenn es in den später Gesprächen mit M noch eine gewisse Rolle spielte.

Fand sie nett und ging ihr zur Hand und sie freute sich so sehr darüber, dass ich gleich überlegte, ob und was vielleicht daraus werden könnte. Offen für interessante Frauen war ich immer und diese hatte was, auch wenn ich noch nicht wusste was.

Wir tauschten Nummern oder vielleicht sogar ganz gediegen Karten, sie versicherte mir mehrfach ihre große Dankbarkeit und wie einfach sind wir Männer doch nahezu alle, mit unserer hingebungsvollen Liebe zu dankbaren Frauen, in dem Gefühl, die dich zu würdigen weiß und dankbar ist, erkennt deinen wahren, guten Kern, zweifelt nicht ständig an dir, sieht dich als den Guten, der du so gerne wärst und genau den bekommen solch dankbare Frauen auch meist voller Großzügigkeit und Bescheidenheit dann geliefert und bleiben lange dankbar und glücklich, bis sie an einen Idioten geraten, der ich nie sein wollte.

Mit einer dankbaren Frau, statt der vielen meist unzufriedenen Hippen, die dich ändern und erziehen wollen, würde sogar ich vermutlich über die Ehe nachdenken und könnte sie mir schön vorstellen, nicht nur als eine Art romantisch verklärter Knast mit Beischlafgelegenheit, wie sie mir beim letzten Versuch wohl rückblickend bald erschienen wäre, wenn ich die rosa Brille abgesetzt hätte, die von großer da noch faselte. Doch habe ich noch keine dauerhaft dankbare Frau kennengelernt, die dies auch in einer Beziehung blieb und dann nicht in die üblichen Muster zurückfiel und also kenne ich auch keinen immer guten Mann, weil wir armen Opfer weiblicher Unzufriedenheit uns ja auch irgendwie schützen müssen. Anders ist es mit den Liebhaberinnen, die dich nur kurz haben können oder die du oder heute mehr sie dich nebenbei genießen. Hier sind beide Seiten am Ende dankbar und glücklich über das, was ist, freuen sich an kleinen Zärtlichkeiten voller Leidenschaft, warum ich mich ernsthaft frage, warum wir noch in klassischen Beziehungen oder Ehen überhaupt leben sollten, diesen immer Liebestötern, die nach Ablauf einer gewissen Zeit nahezu jede noch so große Lust fressen oder auf ein praktisches Handtaschenformat schrumpfen. Die Ehe under inhärente Anspruch auf ihren Vollzug, also den ehelichen Beischlaf, ist der größte denkbare Liebes. und Lusttöter.

Eine Liebhaberin ist wie ein Liebhaber etwas wunderbares, du bemühst dich um Zuwendung, wirbst umeinander und genießt bei Gelegenheit mit größter Leidenschaft, bei der keiner fürchtet, sich etwas zu vergeben oder meint für etwas revanchieren zu müssen, wie ich es aus Beziehungen zu gut kenne und auch in der fraglos glücklichen Ehe meiner Eltern, was halt bei Ehen so glücklich heißt, seit über 46 Jahren beobachten durfte. Das Zusammenbleiben wird zum Verdienst an sich und sollte als solches eigentlich auch genügen, um miteinander weiter klar zu kommen irgendwie. Alles andere ist seltenes Extra, kann genossen werden, so es vorkommt, gehört aber nicht mehr dazu. Mit der Ehe geben wir alle Rechte ab, lassen uns betreuen, als seien wir unmündig und nennen es dann liebevolle Sorge, die uns stärkt.

Zu diesem Zeitpunkt war ich, wie die meiste Zeit meines Lebens, in einer Beziehung, auch wenn ich mich heute immer mehr frage, warum eigentlich, wo es sich doch viel besser mit einer oder mehreren Liebhaberinnen lebte, statt in einer sogenannten besitzergreifenden Beziehung mit garantiertem Verlust der Leidenschaft, umgekehrt proportional. Es sei für die Kinder besser, wird behauptet - was ich inzwischen immer stärker bezweifle - gut ist für die Kinder, wenn es den Eltern gut geht und sie glücklich sind. Dabei ist völlig egal welches Lebensmodell dem elterlichen Glück zugrunde liegt.

Die Lebenserwartung in festen Beziehungen sei durchschnittlich höher wird statistisch behauptet. Klar, wer nichts mehr zu erwarten hat, schafft es nicht mal mehr aufregend ums Leben zu kommen. Die Partner kümmern sich aus hypothetischer Verlustangst auch schon vorab um ihren Gemahl und dessen Gesundheit, was eine ganze Industrie der Medizin am Leben hält, ohne damit das Leben spürbar schöner zu machen. Nur immer teurer werden die letzten Jahre und es fragt sich, wozu?

Vielleicht finden es ja in ewiger Zweisamkeit  nörgelnd degenerierte Dauerpaare auch nur aufregend, sich am Leben zu erhalten, weil sie dem anderen noch nicht die Freiheit eines Abgangs ohne Sorgen und Schmerzen gönnen, wer weiß das schon zu berurteilen und ich sicher am wenigsten, der sich immer wieder gern den Illusionen auch hingibt.

Als ich M, so hieß die Dame auf dem Parkplatz bei IKEA traf, lebte ich in einer weitgehend asexuellen Beziehung bereits, litt als eigentlich leidenschaftlicher Kuschler unter getrennten Nächten und hätte doch nie etwas daran einfach geändert, weil die Dinge eben waren, wie sie waren.

Die Absicht dabei war noch völlig unklar. Klar, sie war nett, wirkte nicht ungebildet, sprach gutes hochdeutsch und lachte ganz zauberhaft - leicht alternativ, wie sie mir schien, fand ich auch gut. Mochte auch damenhafte Frauen aber bloß keine Tussis und gerade wollte ich ja auch nichts als mich einrichten und meine Regale aufbauen und dennoch verabredeten wir uns schon für den gleichen Abend, an dem ich allein war und sozusagen sturmfreie Bude hatte.

Sollte sie am Bahnhof Friedrichstraße abholen und als ich dort erwartungsvoll stand, staunte ich nicht schlecht, als ich plötzlich eine mädchenhafte Dame im langen hellen Strickrock aussteigen sah. Sie lachte mich an, freute sich voller Dankbarkeit, dass ich tatsächlich am Bahngleis stand und fiel mir um den Hals, was doch stürmischer war, als ich zu hoffen gewagt hatte und ich nahm es, wie es kam, Heftete meine Lippen auf die ihren und küsste sie voller echter Leidenschaft mit allem, was Mann in so einen ersten Kuss packen kann. Zartes Beißen, forderndes Saugen, zärtliches Züngeln, fest im Arm halten und leidenschaftlich besonders den Po streicheln - naja das ganze Programm halt.

Sie wirkte etwas ungelenk und aufgeregt dabei, als hätte sie keine Erfahrung beim küssen aber dafür voll echter Leidenschaft und sie hing bewundernd an meinem Hals und ließ sich küssen, schien es mir, glücklich mit der Welt. Sie schien sich, verlieben zu wollen und ich war mir noch nicht ganz sicher, wie ich damit umgehen sollte. Einerseits gibt es nichts schöneres, als sich zu verlieben und warum nicht in diese leicht alternative gerade fast mädchenhaft wirkende Schönheit vom IKEA Parkplatz.

Schönheit ist ein sehr relativer Begriff. Frauen tun viel, um es zu scheinen, manche mehr, manche weniger. Sie hatte mir erzählt, dass sie Berlinerin sei, ein Kind der Stadt, aber lange in Frankreich gelebt hätte. Klang interessant und die Franzosen haben ein lockereres Verhältnis zur Leidenschaft, Liebhabern, Mätressen und all der Lust als wir gern in der Liebe stocksteif erstarrenden Deutschen, was uns viel Vergnügen dabei raubt. Hatte genau das in meiner Zeit in Straßburg auch so sehr geliebt, als ich einmal die deutlich ältere Freundin eines Logenbruders aus dem Grand Orient als Geliebte hatte und ich mich danach, obwohl wir alle wussten, was war, bestens lachend verstanden, keine Probleme mit Fragen der Ehre oder ähnlichem Unsinn entstanden, wir gönnten es uns mit einem Zwinkern.

Das Leben kann so schön sein, warum sich also Probleme moralischer oder anderer Art machen, wenn diese nur dazu beitragen, die Schönheit des Lebens zu beeinträchtigen. Die Erlebnisse in Straßburg waren zu diesem Zeitpunkt schon mehr als zehn Jahre Geschichte und doch hatte ich etwas gelernt dort, weniger französisch, als den Umgang der Menschen betreffend. Es ist keine moralische Frage, wer mit wem schläft, wenn einen die Lust überkommt, sondern eine der Natur und die Beteiligten sollen es einfach genießen.

Damals kam mir diese Welt der Brüder dort in vielem fremd vor, wo der eine obwohl seit langem verheiratet, eine offene Liaison mit der anderen hatte, die eine ihren Freund nur ein bis zwei Nächte die Woche bei sich empfängt, wenn beide gerade Lust dazu haben - die Kinder mal zum einen, dann zur anderen gehen, am Tag ohnehin in Schule oder Kita betreut werden.

Solches war in der Heidelberger Provinz, in der ich einst studierte, noch sehr extravagant, galt nicht als normal, später erst erfuhr ich, noch von meinem Vater, dass er lange eine Liaison mit seiner Oberärztin hatte. Fand das nicht weiter schlimm, die ganze Klinik tuschelte ja darüber, inzwischen ist diese auch schon gestorben und so erledigt sich manches von allein, während mein Vater noch als gezähmter Ehemann weiter überlebt.

Dies könnte obige These bestätigen, dass wilde Liebe das Leben gefährdet und die Ehe es stabilisiert. Dafür fällt mir auch die Geschichte meines Mainzer Logenbruders ein, der auch bei seiner Geliebten beim Sex am Herzinfarkt starb, was niemand wunderte, weil er ohnehin schon lange so dick war, dass es wenig Hoffnung gab, er sähe noch, was er beim pinkeln in der Hand hielt. Doch ist es schlimmer, mit Anfang sechzig zu sterben am Herzinfarkt beim Sex, oder sich bis neunzig ohne Sex hinzuschleppen und irgendwann alt und längst impotent doch zu verenden, frage ich mich und denke, es ist nicht so schlecht, früher zu sterben als ein Leben voller Angst vor dem Tod und ohne Leidenschaft zuzubringen.

Gemessen daran und verglichen mit meinem Vater oder dem in meiner Familie üblichen, müsste ich vermutlich längst tot sein mit meinen 46 und den mehr als drei Frauen in meinem Leben und ich kann heute schon glücklich sagen und wenn mich morgen der Schlag träfe, ich habe gelebt und geliebt und es war gut so, ich bereue nichts und möchte gerade nur noch darüber schreiben, was in allem noch mehr Gelassenheit gibt.

Damals als mich M am Bahnhof Friedrichstraße küsste, war ich noch etwas jünger und weniger gelassen als heute. Warum Menschen immer meinen, sie müssten alles mit einem Menschen teilen, scheint mir rätselhaft. Denke ich an meine wunderbare Liebhaberin von vor einigen Jahren, die Buchhändlerin war und mit der ich mir noch zusätzlich herrliche Duelle in Worten lieferte, frage ich mich, warum es an zu viel Gefühl scheitern musste. Der Sex war ganz nett, es war geistig unterhaltsam, mehr braucht es nicht im Leben und verheiratet sein, wollte ich mit dieser Frau und ihrem Putzwahn nie, denke ich heute - damals litt ich darunter, wie sie nach unserer Lust ins eheliche Bett wanderte, schwor mir als Single nie wieder etwas mit einer verheirateten Frau anzufangen. Was für ein Unsinn. Wobei dieser Schwur auch noch eine Vorgeschichte mit einigen unglücklichen Lieben hatte, was dem Unsinn aber nichts nimmt.

Nie mehr sollte ich etwas anderes beginnen, sie sind mit schlechtem Gewissen besonders hingebungsvoll, stabilisieren damit meist ihre Ehe noch, du genießt sie nur von ihrer besten Seite, außer sie sind zu betrunken von all dem Mut, den sie sich antranken aber dann ist es zumindest amüsant und nicht peinlich wie bei einer besoffenen Partnerin. Liebe also verheiratete Frauen, ohne sie besitzen zu wollen, sondern um alles Gute und Schöne von ihnen zu bekommen und werde mich hüten, etwas anderes noch je zu wollen, nicht mehr über große Liebe faseln, die sich so schnell in große Rache und Hässlichkeit nur verwandelt, die meist mit Eifersucht verbunden zu sein scheint und all den lächerlichen Dramen.

Damals aber war ich noch in einer geordneteren Welt, hatte feste Vorstellungen von Beziehungen und dem Verhältnis von Mann und Frau, wusste, dieser Kuss auf dem  Bahnsteig, war in meiner Position eigentlich nicht zulässig, auch wenn es sich gerade so wunderbar anfühlte und rang mit meinem Gewissen.

Es war ein warmer frühlingshafter Tag und ich schlug vor, wie schon lang geplant, in den Biergarten des Berliner Ensembles am Schiffbauerdamm zu gehen. Des Brechttheates einst, an dem sich nun Peymann über Jahre selbst darstellte und der großartige Ungar George Tabori noch über Jahre wirkte. Ihn sahen wir auch im Garten sitzen unter den großen Bäumen und andere Schauspieler, auch die eine oder den anderen, die ich kannte noch aus den Zeiten als Abonnent hier und aus der kurzen intensiven Freundschaft mit einer der Schauspielerinnen, die Peymann aus Wien nach Berlin mitbrachte. Fühlte mich also relativ zuhause dort, hatte an einem öffentlichen Ort ein relatives Heimspiel und was könnte zum Flirten je besser sein, zumal noch im Theater, dem Ort der leichteren Sitten schon immer.

Hätte ich, ach einfach geschwiegen und genossen, was ist, wäre es vielleicht viel schneller gegangen, dachte ich schon und weiß, es ist Blödsinn, es ging überhaupt nur in dieser Nacht, weil ich eigentlich nicht zu haben war, mich zu begehren die größte Sünde blieb, sie anzufassen ebenso, auch wenn es nichts als normale Natur war, die uns vom ersten Moment an zueinander führte.

Mit der Natur, die uns einfach anzog, begann ich mein Geständnis - es wäre einfach unausweichlich gewesen und naja, nun säßen wir eben hier, auch wenn ich ja irgendwie Familie hätte, zumindest eine Partnerin.

Nach meinem Geständnis, was sie zwar vermutlich moralisch entsetzen musste, aber unsere Anziehung und die reale körperliche Nähe nicht verringerte, war es an ihr, ein Geständnis abzulegen und mir offenzulegen, wer sie war.

Sie lebte erst seit wenigen Monaten wieder in Berlin. Zuvor war sie Ordensschwester im katholischsten der katholischen Orden in einem abgelegenen Kloster in der Bretagne, in dem die Messen nur lateinisch gelesen wurden, denen das II. Vatikanum als ein zu liberaler Unsinn noch immer galt. Die noch den polnischen Papst als zu liberal ansahen.

Ein gottgeweihtes Leben hatte sie aus voller Überzeugung führen wollen, doch dann hatte ihre Oberin bemerkt, dass sie nicht ganz bei der Sache war, wie sie es erzählte erspürt, dass sie auf ihrem Weg noch irre und ihr geraten, zurück in die Welt zu gehen.

Da war sie nun, ohne einen tauglichen Beruf für dies weltliche Leben, unterrichtete sie Kinder in verschiedenen Sprachen und richtete sich gerade ihre Wohnung ein. Darum also  der IKEA Besuch begriff ich erstaunlich schnell für meinen in Fragen der Kirche natürlich beschränkten Horizont.

Sie hatte keinen Mann gehabt in ihrem Leben. Sich bisher Gott geweiht und war so bis über vierzig, sie war ein wenig älter als ich, meine ich zu erinnern, unberührt geblieben - eine echte, erzkatholische Jungfrau und ich knutschte mich mit ihr im Biergarten des BE herum, streichelte, soweit sie es zuließ, die der sinnlichen Erweckung föderlichen Orte.

Ein früher Freimaurer des Grand Orient, der für mehr Laizismus auch in Deutschland gekämpft hatte, küsste eine jungfräuliche Nonne im Biergarten des Brecht-Theaters. Das ist eben Berlin, dachte ich und wollte sie nach diesem Geständnis ihrerseits noch unbedingter als vorher haben. Auf ihr Nonnengeständnis folgte meines des GO Freimaurers und wir waren aus den entgegengesetzten Welten kommend, nicht weniger fasziniert voneinander.

Wir spielten noch über Stunden in die hereinbrechende Samstagnacht das Mann und Frau Spiel - sie verweigerte sich sehr katholisch, ich näherte mich über verschiedene Cafés und Biergärten langsam meinem Zuhause am Platz. Im letzten Biergarten, nur noch wenige hundert Meter Luftlinie von meinem Bett entfernt, diskutierten wir philosophisch und ich war kurz davor alles mit dieser gläubigen Dogmatikerin abzubrechen, weil mich der Aberglaube unnd die geistige Enge so nervte - doch dann lachte sie mich wieder an und ich ließ nichts unversucht, sie doch noch rumzukriegen.

Sie hatte dies von Anfang an und nach dem Geständnis noch mehrfach absolut und ganz klar ausgeschlossen, käme ja gar nicht infrage, dass wir im Bett landeten. Sie, streng katholisch, frisch in der Freiheit, in der magischen Nacht mit einem Freimaurer, der in einer festen Beziehung wäre - ausgeschlossen, geht nicht, sagte sie, Lust hätte sie ja und angezogen fühle sie sich schon wie magisch vom ersten Moment, aber das ginge ja gar nicht. Was gar nicht geht, reizt natürlich immer mehr, auch wenn ich nach meiner Erfahrung Jungfrauen eher langweilig und enttäuschend meist fand - so etwas brauchte Zeit und war nichts für eine Nacht und doch wollte ich sie, immer mehr, desto entschlossener sie sich verweigerte.

Als der Biergarten sich leerte, saßen wir irgendwann auf einer Bank des Spielplatzes am Platz, küssten uns und mit genug Alkohol sank ihr Widerstand gegen meine Hände unter ihrem Rock, sie ließ es zu, gab sich hin, explodierte, fast vor Lust, schrie schon fast, diese gerade noch Nonne gewesene Frau mit den langen dunklen Haaren, die sie zur Feier des Abends offen trug, auch wenn sie mir hochgesteckt viel besser gefielen, ehrlich gesagt. Da zog ich die Hand ein wenig zurück, bis sie sich an mir zu reiben begann, weil ihr Verlangen alle Moral überholt hatte.

Eine Stunde versicherte sie mir noch, sie käme nie mit zu mir rauf, auf keinen Fall, dann waren wir schließlich oben unter dem Versprechen, nicht bis zum letzten zu gehen. Wollte mich nie an dieses falsche Versprechen halten, dass eine noch Ahnungslose erzwang, wollte aber auch nichts tun, was sie nicht wollte, sie nicht nötigen zu Dingen, die ihr fremd noch waren. Wollte sie einfach glücklich machen und ihr den Weg zum Glück zeigen, ihr diese idiotische Jungfräulichkeit rauben, damit sie das Leben als freie Frau genießen könne.

Wusste wohl, wie wichtig die abergläubischen Katholiken wie viele primitive Kulte dies überflüssige Häutchen nahmen. Stand, wie erläutert, nicht besonders auf Jungfrauen, da erstens nicht katholisch und schon zu erfahren, als dass ich an das Wunder der Lust bei völlig unerfahrenen Frauen glaubte und doch davon überzeugt, dass es darauf ankam, wie eine Frau ihr erstes mal erlebt, ob sie später Lust daran hat oder nicht, es genießt oder weniger toll findet. Sie sollte es toll finden, es einfach mit freier atheistischer Lust in dieser magischen Nacht genießen, um befreit zu leben mit der freigelassenen Lust in ihrem Körper. Wie ich ihr beim Einladen bei IKEA half, wollte ich sie auch zum Sex einladen und es schön machen.

Nachdem ich ihren wohl noch nie rasierten Schoss - wozu auch, sah ja bei den Bräuten Jesu keiner und ihr Bräutigam war nun schon über 2000 Jahre verfault - ausgiebig leckte, fanden die Diskussionen ein Ende und sie drängte mich wieder, endlich zu ihr zu kommen, meinen Schwanz in sie zu stecken, sie hielte es nicht mehr lange aus.

“Was hältst du nicht mehr aus?”
“So ahnungslos und wild hier auf dich zu warten und das nichts passiert.”
“Dann komm auf mich.”
“Nein, das geht nicht, ich bin katholisch, nicht beim ersten mal.”
“Was für ein Unsinn, ist aber besser.”
“Nein, ohne mich, nie im Leben.”
“Na dann halt nicht, wir müssen ja nicht …”
“Doch bitte, ich will nicht mehr warten, komm …”

Ließ mich noch zweimal bitten, ein kurzer spitzer Schrei in der Morgendämmerung und die nicht mehr Nonne war keine heilige Jungfrau mehr - danach eine kleine Pause mit Lecken und Streicheln, dann überredete ich sie, schließlich doch auf mich zu kommen, damit sie es selbst steuere - sie hatte für die Defloration darauf bestanden unten zu liegen und sich durchgesetzt, dann konnte sie doch rein logisch für ihren ersten Höhepunkt mal nachgeben. Schlechter katholischer Einfluss aus dem Aberglauben eben. So ließ sie sich mühsam überzeugen und wir genossen es.

Wir taten es noch einige male, bis zur völligen Erschöpfung, als es schon längst aus dem Osten wieder Tag wurde. Schliefen wenige Stunden Arm in Arm. Dann wollte sie gerne zum Gottesdienst mit der erzkatholischen Messe, um nur ja noch die Beichte abzulegen, frei von der Sünde zu  werden und ich nahm ihr das Versprechen ab, dass dies ewig unser kleines Geheimnis bliebe. Habe manchmal überlegt, ihr zu schreiben, oder sie anzurufen, mal davon geträumt, ich träfe sie irgendwann mit einem Kinderwagen und sie würde mir dankbar meinen Sohn präsentieren.

Aber wäre sie je wütend geworden oder hätte sie es hingenommen und mich weiter voller Dankbarkeit bewundert, fragte ich mich und denke, manchmal ist es gut so, nichts mehr voneinander zu hören, auch um später ungestört davon zu erzählen, wie ich in der Walpurgisnacht eine Nonne hatte, die ihr Leben lang Jungfrau bleiben wollte, bis der Herr sie nähme und dann kam einer, der keinen Gott kennt und es war gut so.
jens tuengerthal 10.3.2017

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen