Mittwoch, 7. September 2016

Kulturgeschichten 0351

Frauenrechte

 „Mann, bist du überhaupt imstande, gerecht zu sein? […] Kannst du mir sagen, wer dir die unumschränkte Macht verliehen hat, die Angehörigen unseres Geschlechts zu unterdrücken? […] Schau auf den Schöpfer in seiner Weisheit, […] betrachte die Geschlechter in der Ordnung der Natur. […] Allein der Mann […] will in diesem Jahrhundert der Aufklärung und des klaren Verstandes in durch nichts mehr zu rechtfertigender Unwissenheit despotisch über ein Geschlecht herrschen, das über alle geistigen Fähigkeiten verfügt. Er nimmt für sich in Anspruch, die Revolution für sich allein zu nutzen und seine Rechte auf Gleichheit einzufordern, um nur so viel zu sagen.“
Vorrede zur Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin

"Diese Revolution wird sich erst dann vollziehen, wenn sämtliche Frauen von ihrem beklagenswerten Los durchdrungen und sich des Verlustes ihrer Rechte in dieser Gesellschaft bewusst sind."
Vorwort zur Erklärung der Rechte der Frau

„Unerschrocken, gerüstet mit den Waffen der Redlichkeit, trete ich euch entgegen und verlange von euch Rechenschaft über euer grausames Treiben, das sich gegen die wahren Stützen des Vaterlandes richtet. (...) Ist nicht in Artikel 11] der Verfassung die Meinungs- und Pressefreiheit als kostbarstes Gut des Menschen verankert? Wären denn diese Gesetze und Rechte, ja die ganze Verfassung nichts weiter als hohle Phrasen, jedes Sinnes entleert? Wehe mir, ich habe diese traurige Erfahrung gemacht.“
Aus der Haft an das Tribunal geschrieben

Bedürfen die Rechte der Frau noch
Der Erklärung oder liegen sie in der
Natur in der sich Geschlechter gleichen
Demgemäß zur Fortpflanzung ergänzen

Für manche Gegenden ist dies nötiger
Als für Mitteleuropa wo doch formelle
Gleichberechtigung herrscht weil nicht
Länger ein Aberglaube noch diskriminiert

Doch ist es von formell zu faktisch noch
Ein weiter Weg wie die Haltung vieler
Gegenüber Merkel oder dem Feminismus
Etwa bei den Pegiden immer wieder zeigt

Wie sehr ist die Haltung des Mannes zur
Frau von Rolle und Geschlecht bestimmt
Wo begegnen wir uns davon je völlig frei
Was folgt daraus für heutigen Feminismus

Mit #HeForShe hat die junge Schauspielerin
Emma Watson eine Rede für den Feminismus
Vor den Vereinten Nationen gehalten die alles
Was viele über Feminismus dachten verwarf

Dieser Feminismus durfte einfach nett sein
Zauberhaft lachend twittern wenn sie etwa
Die unsinnige Anmaßung türkischer Minister
Schlicht öffentlich verlachte was passte

Zur Strafe für dieses zauberhafte Plädoyer
Wurde sie von einer Internetplattform nun
Bedroht die wollte Aktfotos veröffentlichen
Um der Welt die Hure in ihr zu zeigen

Es war nur ein aufgeblasener Hoax bei dem
Nichts passierte jedoch zeigte es deutlich
Wie gefährlich feministische Revolutionäre
Noch leben warum Feminismus nötig ist

Eine andere Feministin kostete ihr Mut
Für Gleichberechtigung und Menschenrechte
Einzutreten sogar den Kopf unter Revolutionären
Die eine starke Stimmen zum Schweigen brachten

Es war Olympe de Gouges die als Antwort auf die
Erklärung der Menschenechte am 7. September 1791
Die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin als erste
Umfassende Erklärung der Menschenrechte formulierte

Dieses systemkritische Stück  wird einer der Gründe
Für ihre Hinrichtung 1793 während des Terreur sein
Was die Enge des Horizonts der dort Männer so sehr
Bestätigt wie die Notwendigkeit ihrer Forderungen

Sie formulierte die Freiheit erstmals positiv danach
Sei Freiheit den anderen zurückzugeben was ihnen
Zustehe und nicht nur alles tun zu dürfen was einem
Anderen nicht schadet prägte so einen neuen Begriff

Es lohnt sich ihre wichtigsten Artikel zu lesen um
Auch heute noch einen Begrifff von Feminismus
Zu bekommen der konstruktiv verantwortlich sich
Seinen Raum erkämpft und ihn künftig gestaltet


Art. I: Die Frau wird frei geboren und bleibt dem Mann an Rechten gleich [...]

Art. II: Das Ziel jeder politischen Vereinigung ist die Bewahrung der natürlichen und unverjährbaren Rechte von Frau und Mann: diese Rechte sind Freiheit, Eigentum, Sicherheit und vor allem Widerstand gegen Unterdrückung.
   
Art. III: Die Grundlage jeder Staatsgewalt ruht ihrem Wesen nach in der Nation, die nichts anderes ist als die Wiedervereinigung von Frau und Mann [...]
   
Art. IV: Freiheit und Gerechtigkeit bestehen darin, alles zurückzugeben, was einem anderen gehört. So hat die Ausübung der natürlichen Rechte der Frau keine Grenzen außer denen, die die ständige Tyrannei des Mannes ihr entgegensetzt. Diese Grenzen müssen durch die Gesetze der Natur und der Vernunft reformiert werden.
   
Art. V: Die Gesetze der Natur und der Vernunft verbieten alle Handlungen, die der Gesellschaft schädlich sein können. Alles, was nicht durch diese weisen und göttlichen Gesetze verboten ist, kann nicht verhindert werden [...]
   
Art. VI: Das Gesetz muss Ausdruck des Gesamtwillens sein; alle Bürgerinnen und Bürger müssen persönlich oder durch einen Stellvertreter zu seiner Entstehung beitragen: alle Bürgerinnen und Bürger, die ja in seinen Augen gleich sein, müssen gleichermaßen zu allen Würden, Stellungen und öffentlichen Ämtern zugelassen sein [...]
   
Art. VII: Keine Frau ist ausgenommen; sie wird in den vom Gesetz bestimmten Fällen angeklagt, festgenommen und gefangengehalten. Die Frauen sind wie die Männer diesem unerbittlichen Gesetz unterworfen.
   
Art. VIII: Das Gesetz darf nur Strafen festsetzen, die unbedingt und offensichtlich notwendig sind [...]
   
Art. IX: Auf jede für schuldig befundene Frau wird die ganze Strenge des Gesetzes angewandt.
   
Art. X: Niemand darf wegen seiner Überzeugungen, auch wenn sie grundsätzlicher Art sind, belangt werden. Die Frau hat das Recht das Schafott zu besteigen; sie muss gleichermaßen das Recht haben, die Tribüne zu besteigen [...]
   
Art. XI: Die freie Gedanken- und Meinungsäusserung ist eines der kostbarsten Rechte der Frau, da diese Freiheit die Legitimität der Väter gegenüber den Kindern sichert. Jede Bürgerin kann deshalb frei sagen: „Ich bin Mutter eines Kindes, das Euch gehört“, ohne dass ein barbarisches Vorurteil sie zwängt, die Wahrheit zu verbergen [...]
   
Art. XII: Die Garantie der Rechte der Frau und der Bürgerin muss einem höheren Nutzen verpflichtet sein. Diese Garantie muss dem Vorteil aller gegründet sein und nicht auf dem besonderen Nutzen derer, denen sie gewährt wird.
   
Art. XIII: Für den Unterhalt der Staatsmacht und für die Ausgaben der Verwaltung sind die Beiträge von Frau und Mann gleich. Sie ist beteiligt an allen Frondiensten und mühseligen Arbeiten; sie muss deshalb gleichermaßen beteiligt sein an der Verteilung der Posten, der Anstellungen, der Aufträge, der Würden und der Gewerbe.
   
Art. XIV: Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Stellvertreter die Notwendigkeit der öffentlichen Steuer Festzustellen. Die Bürgerinnen können dem nur zustimmen, wenn eine gleichmäßige Teilung zugelassen wird, und zwar nicht nur beim Vermögen, sondern auch bei den öffentlichen Ämtern, und sie die Höhe, die Veranlagung, die Eintreibung und die Dauer der Besteuerung mitbestimmen.
   
Art. XV: Die Masse der Frauen, die durch die Steuerleistung mit der der Männer vereinigt ist, hat das Recht, von jedem öffentlichen Beamten Rechenschaft über seine Verwaltung zu verlangen.
   
Art. XVI: Jede Gesellschaft, in der die Garantie der Rechte nicht gesichert und die Trennung der Gewalten nicht festgesetzt ist, hat gar keine Verfassung. Die Verfassung ist null und nichtig, wenn nicht die Mehrheit der Individuen, die die Nation bilden, an ihrer Ausarbeitung mitgewirkt hat.
   
Art. XVII: Eigentum kommt allen Geschlechtern zu, gemeinsam oder getrennt [...] niemand kann seiner als eines wahren Erbteils der Natur beraubt werden [...]

Olympe de Gourges die unter ihrem Pseudonym
In die Geschichte einging hieß sonst Marie Gouze
Hat neben politischen Texten noch Theaterstücke
Geschrieben und galt als freie Revolutionärin

Sie wurde in einfachen Verhältnissen geboren
War aber vermutlich die Tochter eines lokalen
Landadeligen der jedoch jede Verantwortung
Leugnete und damit allen Pflichten enthoben war

Gegen ihren Willen wurde sie mit 17 Jahren mit
An einen Wirt verheiratet der mit ihrer Mitgift
Ein Lokal eröffnete jedoch bald wohl bei einer
Überschwemmung starb sie mit Sohn allein ließ

Sie zog nach Paris brachte sich selbst Lesen wie
Schreiben bei und suchte Zugang zu den Salons
Schrieb 1774 schon eine Schrift gegen die Sklaverei
Wie erste Theaterstücke mit einigem Erfolg

Sie war in ihrer südlichen Heimat vermutlich nur mit
Okzitanisch aufgewachsen und wie die meisten
Frauen ihrer Zeit noch ohne jede Bildung was sie
Später von sich aus mit eigener Kraft änderte

Ihr 1786 erschienener Briefroman unter dem Titel
Die Memoiren der Madame Valmont war bereits
Eine verdeckte Autobigrafie die schon einen
Feministischen Standpunkt erkennen lassen

Schon 1785 reichte sie ihr Stück Zamone et Mirza
Das die Sklaverei in den Kolonien kritisch aufgreift
Bei der Comédie Francaise ein was dazu führte
Dass sie zeitweise in der Bastille inhaftiert wurde

Premiere hatte das zeitkritische Stück erst 1789
Im Dezember nach der Revolution wurde jedoch
Schnell wieder vom Spielplan genommen weil es
Politisch noch zu freiheitliche Töne anschlug

Von Anfang kämpfte sie mit Anfeindungen der
Männer die eine kritisch denkende Autorin die
Fragen der Zeit literarisch in ihren Stücken
Umsetzte nicht akzeptieren konnten

Sie setzte sich während der Revolution auch
Leidenschaftlich für die Menschenrechte ein
Schrieb für die Rechte der Frau was ihr dann
Unter Robespierre das Fallbeil einbrachte

Sie wurde als Monarchistin und Föderalistin
Verdächtigt aber büßte auch ausdrücklich für
Ihre persönliche Feindschaft mit Robespierre
Was Gegner der Jakobiner den Kopf kostete

Das Todesurteil wurde am 3. November 1793
Auf der Place de la Concorde mit der Guillotine
Vollstreckt weil sie ihrer Zeit voraus war
Die gewohnten Rollen revolutionär hinterfragte

Fragen aber durften nur die Männer die erst
Bestimmten was fraglich überhaupt war weil
Sie es nicht anders gewohnt waren worüber
Nachzudenken heute wieder mehr lohnt

Bald werden vermutlich die mächtigsten
Staaten der Welt von Frauen regiert bis
Auf Russland das noch ein wenig braucht
In freiheitliciher Gegenwart anzukommen

Auch darin gleicht es Mecklenburg über das
Bismarck selbiges schon vor 100 Jahren sagte
Zurückgeblieben ohne Lösungsperspektive
Wählen sie Populisten die laut schreien

Den USA droht das gleiche nur scheinbar
Während Hillary noch von rechten Medien
Gehetzt wird können wir fast sicher sein
Die Mehrheit wird eher vernünftig wählen

Ein Bundesland das weniger Einwohner hat
Als der Berliner Bezirk in dem ich lebe wird
Dies Land nicht verändern warum besser nun
An die Arbeit gegangen statt gejammert wird

Zwischen Olympe de Gourges und Emma Watson
Liegen über 200 Jahre und doch verbindet sie
Eine kluge Art Männer dort zu provozieren
Wo es für ihre Freiheit am nötigsten ist

Das ist gut so weil es das Denken wach hält
Besser als jeder Kampf ist immer noch Liebe
Warum wer Frauen liebt Feminist sein muss
Dies zu genießen macht die Welt schöner

Wer diesem letzten Salto nicht folgen kann
Möge an Epikur denken wie das Glück sich
Mit dem Glück zu beschäftigen was gerade
In dieser Frage noch weit mehr gilt als sonst
jens tuengerthal 7.9.2016

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen