Montag, 5. September 2016

Kulturgeschichten 0346

Bart ab

Einen Bart tragen ist mancherorts noch
Ausdruck von Gesinnung oder Glaube
Während es hier nur noch als Mode gilt
Macht es den Mann andernort erst dazu

Wo die Ideologie ins Gesicht greift ist
Die Freiheit meist fern sagen wir dabei
An Taliban und die Islamisten denkend
Doch könnte es auch umgekehrt sein

Ist es manchmal Ausdruck von Aufklärung
Alte Bärte abzuschneiden um sich einer
Neuen Zeit erst frei anzupassen oder bleibt
Der Griff ins Gesicht immer totaliär noch

Am 5. September 1698 verbot der russische
Zar Peter der Große das Tragen von Bärten
Als unzeitgemäß nach seiner Rückkehr aus
Europa wo grad keiner russische Bärte trug

Er legte auch selbst Hand und schnitt den
Landeskindern wo nötig den Bart noch ab
Wobei er selbst weiter den da modischen
Schnauzer noch trug als doch Vorbild

Das Verbot zeigte jedoch besonders bei
Den Altgläubigen nicht die gewünschte
Wirkung warum es dann durch eine
Effektive Bartsteuer ersetzt wurde

Damit änderte sich im Bewusstsein nichts
Wer altmodisch bleiben wollte konnte es
Musste nur nun dafür bezahlen was es
Doch günstiger machte sich zu rasieren

Bei seiner Rückkehr aus Europa ließ Peter
In Schloss Prebobraschenskoje noch einen
Empfang geben bei dem er eigenhändig den
Besuchern ihre langen Bärte abschnitt

Für den Zaren war dieser Übergriff ein Zeichen
Des Aufbruchs in eine neue aufgeklärte Zeit
Wie er sie in Europa vor allem in Ansterdam
Als Handwerker in der Werft kennenlernte

Bei dem Empfang mussten nur drei Bärte dran
Glauben der seines früheren Vormundes sowie
Der des russisch-orthodoxen Patriarchen und
Schließlich der eines sehr alten Fürsten noch

Später beauftragte er seinen Hofnarren diese
Prozedur als Befreiung fortzusetzen so waren
Bei allen künftigen Essen Barbiere anwesend
Die alle die mit Bart erschienen gut einseiften

Die Order auch allen Bauern und Bürgern sonst
Den Bart abzuschneiden wurde nur mäßig noch
Befolgt warum Peter Bärte mit Steuern belegte
Die jeder zahlen musste der in die Stadt wollte

Wer seine Steuer bezahlt hat erhielt eine Münze
Die Bartkopeke die als Bestätigung der Zahlung
Aller fälligen Bartsteuern galt warum sie künftig
Alle bei sich trugen der Schur zu entgehen

Auch unerwünschte Kleidung wie etwa Kaftane
Wurde mit einer solchen Steuer belegt die erst
Unter Zarin Katharina II. der Großen nicht mehr
Erhoben wurde weil Aufklärung im Kopf beginnt

Diese symbolischen Handlungen sind typisch
Für ein autoritäres System das mit Gewalt seine
Vorstellungen und sei es von der Freiheit auch
Durchsetzen möchte sind also immer antimodern

Peter der Große hat viel in Russland bewegt doch
Seine Bartpolitik zeigt ein Wesen der russischen
Politik die bis heute zutiefst autoritär ist um dem
Land gerecht zu werden das es so stets wünscht

Auch wenn manche es weniger autoritär noch
Gern hätten hatte die Realisierung des Sozialismus
Unter dem autoritären Knüppel Stalins einfach das
Alte System in anderer Farbe nur fortgesetzt

So zeigte sich auch der Aufklärer Peter zunächst
Aus Europa zurück als abolutistisch autoritärer
Monarch der in Freiheit und Persönlichkeit seiner
Sogar Gäste gewaltsam ungefragt eingriff

Was heute wohl mindestens als Nötigung strafbar
War in der Zeit Peters des Großen am Ende
Des 17. Jahrhunderts noch relativ normales
Instrument der Herrschaft über andere

Die große Menge an Unfreien die sogar noch
Anderen gehörten als Eigentum bezeugen die
Eben völlig andere Zeit in der Leben wie Schutz
Der Persönlichkeit noch nicht viel galten

Gerade in Russland waren die alten Strukturen
Noch von solchen Abhängigkeiten geprägt die
Sich teilweise trotz Peter und später Katharina
Bis ins heutige Russland übertragen haben

Was heißt es jemandem den Bart abzuschneiden
Das Kopftuch zu verbieten oder andere Kostüme
Die uns gerade altertümlich vorkommen wie etwa
Die Burka oder Burkinis um der Freiheit willen

Verrät nicht wer die Aufklärung fördern will diese
Wo es mit autoritären Methoden geschieht sei es
Auch durch Steuern anstatt weil diese immer erst
Selbstbefreiung aus der Unmündigkeit sein muss

Kants Definition der Aufklärung als eben Befreiung
Aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit drückt
Dies in ihrem Menschenbild aus nach dem es eben
Freie Menschen braucht die selbständig nachdenken

Wer seine Abhängigkeit von Sekten nicht sehen will
Das Kopftuch als Befreiung sieht soll es tragen bis das
Denken sich von alleine bewegt denn auch Nonnen
Schreibt keiner vor ihre Tracht künftig abzulegen

Das Bartverbot Peters war so falsch wie jede autoritäre
Erklärung die des Denkens Richtung ändern noch will
Darum hilft gegen AfD und Pegida kein Verbot sondern
Ruhe Aufklärung und mehr Vernunft unter das Volk

Die gerade Wahlen haben dies in Mecklenburg bestätigt
Ein ungebildetes rückständiges Volk läuft zu einem Viertel
Der Wähler den Populisten hinterher die nichts ändern
Noch Antworten auf die dringenden Fragen haben

Stattdessen verfangen Rassismus und Angst weiter
Weil das Volk nicht aufgeklärt ist sondern lieber in
Alter Manier denen hinterherläuft die am lautesten
Brüllen und verkünden sie sein planlos dagegen

Ein Verbot dieser konzeptlosen autoritären Gruppen
Erhöhte nur die Zahl der Nichtwähler sicher doch
Sollte eine Demokratie auch Ausschläge des Pendels
Ruhig überstehen statt vor Dummheit zu kuschen

Aufklärung und Freiheit brauchen Zeit und Raum
Wer sie vermitteln will sollte sie sich nehmen denn
Autoritäre Ansagen führen immer zum Gegenteil
Der erwünschten und nötigen Selbsterkenntnis

Statt nun auf die Kanzlerin einzuschlagen die sich
Ihrer Verantwortung wohl bewusst sein wird wäre es
Weise mehr in Aufklärung zu investieren statt noch
Anderen autoritären Modellen weiter nachzueifern
jens tuengerthal 5.9.2016

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen