Montag, 22. August 2016

Kulturgeschichten 0330

Aufstandsopfer

Unter den altertümlichen Resten war mir, von Kindheit an, der auf dem Brückenturm aufgesteckte Schädel eines Staatsverbrechers merkwürdig gewesen, der von dreien oder vieren, wie die leeren eisernen Spitzen auswiesen, seit 1616 sich durch alle Unbilden der Zeit und Witterung erhalten hatte. So oft man von Sachsenhausen nach Frankfurt zurückkehrte, hatte man den Turm vor sich, und der Schädel fiel ins Auge. Ich ließ mir als Knabe schon gern die Geschichte dieser Aufrührer, des Fettmilch und seiner Genossen erzählen, wie sie mit dem Stadtregiment unzufrieden gewesen, sich gegen dasselbe empört, Meuterei angesponnen, die Judenstadt geplündert und gräßliche Händel erregt, zuletzt aber gefangen und von kaiserlichen Abgeordneten zum Tode verurteilt worden.“

Am 22. August 1614 brach zu Frankfurt der
Fettmilchaufstand aus gegen die Misswirtschaft
Des Rates und wurde stattdessen zu einem
Widerlichen Pogrom gegen ansässige Juden

Das ist nun über 400 Jahre her nur noch Geschichte
Die Juden wurden rehabilitiert schon mehrfach leben
Zumindest zu Teilen wieder in Frankfurt das noch sein
Geld nur nicht seine Steuern mit Geldhandel macht

Dienen Aufstände der Freiheit oder nur
Dem Ego ihrer Anführer immer die sich
Am geschürten Volkszorn profilieren bis
Der Topf überkocht alle erschüttert sind

Pegida und AfD wollen nichts mit der Gewalt
Gegen Flüchtlinge und dem wachsenden Hass
Zu tun haben sagen diese Brandstifter die nur
Meinen ihr gutes Recht verteidigen zu müssen

Die von Moskau finanzierten Unruhestifter sehen
Sich als Verteidiger des Abendlandes vor denen
Die gerade hier Zuflucht suchen vor Islamisten
Wie dem Bürgerkrieg in ihren Länden ohnehin

Viel Wert legen sie auf die Beschuldigung der
Antifa wie des linksgrünversifften Milieus das
Für seine Proteste gegen sie angeblich vom
Staat finanziert würde was nur sie offenbart

Die geschürte Angst vor dem Islam wächst
Immer mehr bei einer Gruppe die nicht mehr
Vernünftig nach Gründen sucht sondern sich
Von Hass und Angst weiter treiben lässt

Es ist kein Hellseher nötig hier vorherzusagen
Das es zu neuen Pogromen kommen wird
Die Teile der Pegiden schon mit ihrer Aufruf
Mit Mitgabeln nach Berlin zu ziehen schüren

Zuerst war es nur Angst und Zorn auf eine
Den Bürgern entfremdete Politik doch wächst
Dieser immer weiter in blinden Hass der
Zerstören will wovor er sich fürchtet

Auch in Frankfurt begann es mit der Wut
Auf die Politik des Rats von dem sich die
Zünfte nicht mehr vertreten sahen dessen
Hohe Schulden sie immer mehr auffraßen

Der Lebkuchenbäcker Vincent Fettmilch hatte
Die Revolte in der freien Reichsstadt Frankfurt
Angeführt um gegen die Misswirtschaft des von
Patriziern dominierten Rats zu protestieren

Die Proteste arteten schließlich aus mit der
Plünderung der Judengasse wie derVertreibung
Aller Frankfurter Juden die in Hanau und Mainz
Zuflucht suchen mussten ohne ihre Habseligkeiten

Seinen Ursprung hatte der Aufstand im Zorn der
Zünfte über die Misswirtschaft des von Patriziern
Dominierten Rats wie deren geringen Einfluss darauf
Zu den Forderungen kamen antijüdische Ressentiments

Die Zünfte forderten mehr Mitsprache im Rat neben der
Schaffung eines Kornmarktes für freie Getreidepreise
Die Halbierung der angeblichen jüdischen Wucherzinsen
Bei zugleich Begrenzung der Bewohner der Judengasse

Für die judenfeindliche Wendung waren Schuldner der
Geldverleiher aus der Judengasse Kaufleute wie Handwerker
Verantwortlich die hofften so ihre Schulden loszuwerden
Dabei wurde Vincent Fettmilch zum Wortführer der Zünfte

Sie wandten sich an Kurfürsten und Kaiser die zur Krönung
Von Matthias in Frankfurt weilten aber eine Einmischung in
Die inneren Angelegenheiten der Stadt zunächst ablehnten
Erst später eine Schlichtungskommission einsetzen ließen

Die Kommission sahen die Patrizier wiederum als Gefährdung
Der Freiheit der freien Reichsstadt an warum sie schließlich
Einem Bürgervertrag zustimmten der den Rat um 18 Mitglieder
Erweiterte dem Neuner-Ausschuss Rechnungsprüfung erlaubte

Die Prüfung durch den Ausschuss mit Zunftmitgliedern ergab
Der Rat hatte Gelder der Armenfürsorge vernuntreut sowie
Das Schutzgeld das die Juden zahlen mussten unter sich
Aufgeteilt statt es in die Stadtkasse weiterzuleiten

Als Fettmilch noch eine Urkunde veröffentlichte in welcher
Kaiser Karl IV. 1349 die Herrschaftsrechte über die Juden
An die Stadt abtrat und sie nicht zur Verantwortung gezogen
Würden wenn diese stürben sahen es viele als Pogromfreibrief

Der Aufstand begann am 6. Mai  1613 mit der Stürmung des
Römers des Frankfurter Rathauses nach dem die Zünfte über
Die Stadtkasse herrschten und Ausgaben genehmigen mussten
Als weiter Belege für 9 Tonnen Goldgulden fehlten knallte es

Fettmilch ließ die Stadttore besetzen erklärte den Rat für abgesetzt
Ließ dessen Mitglieder verhaften worauf ein kaiserlicher Herold kam
Die Wiedereinsetzung des Rats forderte und mit Reichsacht drohte
Für alle die sich nicht unter Eid seinem Befehl unterwarfen

Die Aufständischen die sich lange der Unterstützung des Kaisers
Noch sicher waren richteten ihre Wut nun gegen die Schwächsten
Unter der Reihe ihrer Gegner und stürmten am 22. August gegen
Mittag die Judengasse ein Ghetto am östlichen Stadtrand Frankfurts

Bei den Kämpfen kamen ein Angreifer und zwei jüdische Verteidiger
Der Gasse ums Leben und die Juden flohen in den christlichen Teil
Wo viele von Frankfurter Bürgern versteckt wurden der plündernde
Mob wurde erst gegen Mitternacht von der Bürgerwehr vertrieben

Durch die Plünderung entstand ein Schaden von 170.000 Gulden
Fettmilch war daran anscheinend nicht beteiligt behauptete später
Im Prozess diese sei gegen seinen Willen erfolgt wofür sich keine
Beweise fanden jedoch setzte er die Vertreibung am Tag darauf durch

Aufgrund der Exzesse sank Fettmilchs Ansehen immer mehr warum
Der Kaiser gegen ihn und weitere Rädelsführer der Rebellion noch
Im Oktober die Reichsacht verkündete die erst Ende November zur
Verhaftung des bis dahin mächtigsten Mannes der Stadt führten

Im Prozess wurden sie nicht wegen des Pogroms sondern aufgrund
Von Majestätverbrechen zum Tode verurteilt was im Feburar 1616
Auf dem Frankfurter Roßmarkt vollstreckt wurde dabei wurden sie
Enthauptet sowie Fettmilch danach auch noch gevierteilt

Die Köpfe der Rädelsführer wurden wie heute beim IS noch üblich
Am Frankfurter Brückenturm aufgespießt wo zumindest einer noch
Zu Zeiten Goethes hing was dieser als merkwürdige Erinnerung
Seiner Kindheit beschreibt den Verbrecherkopf dort zu sehen

Das Haus Fettmilchs wurde abgerissen an dessen Stelle eine
Schandsäule aufgestellt die in lateinisch und deutsch von dessen
Schandtaten kündete zugleich wurden nach den Urteilen das Mandat
Des Kaisers bekannt gemacht das den Juden die Rückkehr erlaubte

Die Juden wurden in einer feierlichen Prozession zurück in die
Judengasse geführt die ein Schild mit Reichsadler bekam wonach
Wonach sie unter Römisch kaiserlicher Majestät wie des heiligen
Reiches Schutz ständen der bis zur Emanzipation weiter bestand

Es dauerte über 100 Jahre bis die Frankfurter Bürgerschaft wieder
Ihre im Fettmilch-Aufstand verspielten Rechte zurückerhielt bis dahin
Herrschten die Patrizier mit mehr Macht als zuvor unter weniger
Kontrolle als je nur die Juden erhielten nie ihre Entschädigunng

Noch immer feiern die Juden den Tag ihrer feierlichen Rückführung
Am 20. Adar des jüdischen Kalenders mit einem Freudenfest dem
Purim Vintz das an den Vornamen Fettmilchs und ein Lied erinnert
Das vierstrophig gesungen wurde bis heute Quelle der Ereignisse ist

Die Zünfte mussten eine Geldstrafe von 100.000 Gulden an den Kaiser
Zahlen wurden aufgelöst die Gewerbeaufsicht wurde dafür direkt dem
Rat der Stadt unterstellt was dessen Position noch weiter stärkte gelohnt
Hat sich der Aufstand am Ende für keinen verloren hat die Freiheit

Das Aufheizen der bürgerlichen Wut auf die Politik ist immer
Gefährlich weil auch berechtigte Forderungen im Aufstand nur
Verlieren können warum es gilt auch die Köpfe dahinter zur
Verantwortung zu ziehen für die Folgen die sie mitauslösen

Die Wiedereinsetzung der Juden in ihren rechtlichen Stand
War ein gutes Zeichen wie auch der Schutz der ihnen von
Vielen Frankfurter Familien vor dem Mob gewährt wurde
Die mangelnde Entschädigung dagegen die Realität

Was damals die Juden waren sind heute die Flüchtlinge
Besonders die muslimischen Aberglaubens der aber
Den gleichen Schutz wie jeder Aberglaube im Land
Genießen muss egal was uns ungewöhnlich scheint

Wer zum Hass gegen Minderheiten aufruft wie dabei
Ängste schürt gefährdet die innere Sicherheit mehr
Als ein Anteil Terroristen beim Gegner im Krieg
In dem wir sind mit dem wir leider leben müssen

Es wird keiner der Pegiden heute geköpft oder gar
Gevierteilt dennoch sollte gegen alle die damit die
Innere Sicherheit gefährden vorgegangen werden
Wie gegen sonst Terroristen sie sind es tatsächlich

Frankfurt musste viel zahlen und brauchte lange
Seine Freiheit wieder zu erhalten weil es sich
Nicht der kaiserlichen Ordnung unterwarf
Wovon letzlich alle den Schaden hatten

Sachsen verliert Touristen und Investoren was
Der Sorge Frankfurts um den Messestandort
Im 17. Jahrhundert vergleichbar ist und so wird
Wer glücklich leben will Aufstände eher meiden

Pegida und AfD schaden Deutschland als Standort
Wer den Rassenhass befördert trägt mit dazu bei
Dafür sollten sie zur Verantwortung gezogen werden
Damit wir in größtmöglicher Freiheit leben können
jens tuengerthal 22.8.2016

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